"Er hatte keine Schmerzen, aber wusste, dass er sterben würde."

 

Vor einiger Zeit berichteten wir bereits über den medizinischen Rettungsdienst ACE im südlichen Afrika. Der ACE hat seinen Sitz in Harare/ Simbabwe und bietet Notfallhilfe zu Luft und Land an.

 

BOA-Afrika e.V. hatte das große Glück, dass sich das nette Team vom ACE gern für ein Interview zur Verfügung stellte. So konnten wir all unsere Fragen loswerden, die uns auf der Seele brannten.

 

Wir erfuhren, dass insgesamt 26 Personen für den Rettungsdienst im südlichen Afrika arbeiten.

 

Notfallhilfe auch für Touristen

Auch Touristen aus aller Welt können diesen Service im Fall eines Unfalls nutzen.

Die Mitarbeiter kommen selbst aus verschiedensten Teilen der Welt und so sind z.B. Südafrikaner oder Filippinos im Einsatz.

 

Bevor sie sich beim „HR department“ bewarben, arbeiteten sie bereits schon mindestens fünf Jahre Vollzeit im Notfalldienst. Einige sammelten neben ihrer Hauptbeschäftigung Erfahrungen im Krankenhaus, wo sie auf einer der üblichen Stationen tätig waren.

 

Eigene Flugzeuge für Notfallrettung

Der ACE besitzt seine eigenen Rettungsflugzeuge, die von sechs fest angestellten Piloten im Schichtsystem zu den Unfallorten geflogen werden.

 

Meistens wird das Team vom ACE zu Unfällen gerufen. Aber auch Einsätze wegen Verbrennungen, Hitzschlag oder Anfällen durch Tiere kommen regelmäßig vor und wollen fachgerecht behandelt werden. Verletzte Einheimische werden vorwiegend im Rettungswagen ins nächste Krankenhaus transportiert. Touristen nutzen häufiger auch den Service sich im Flugzeug in ihre Heimat zurück fliegen zu lassen. Die entstandenen Kosten für die Behandlung und den Transport trägt die heimische Reisekrankenversicherung und erstattet das Geld direkt an den ACE.

Der ACE bietet selbst ebenfalls verschiedene Versicherungspakete an. Diese decken einen Wert von bis zu 100 000 US$ und können für sieben Tage oder auch bis zu 12 Monaten abgeschlossen werden.

 

Während den Notfalleinsätzen fliegen stets ein Doktor und eine Krankenschwester/ ein Pfleger mit, die für den intensivmedizinischen Bereich ausgebildet sind. Manchmal ist sogar eine dritte Person mit im Flieger anwesend, wenn dies die Krankheit oder Verletzung des Patienten erfordert.

 

Erfahrene Spezialisten kümmern sich um die Patienten

Viele Patienten fragen das Rettungsteam während des Einsatzes, welches Krankenhaus für die Weiterbehandlung am besten für sie in Frage kommt. Die sehr gut ausgebildeten Ärzte und Sanitäter kennen die umliegenden Kliniken ganz genau und berücksichtigen für ihre Entscheidung stets die Schwere der Verletzung. Dann wird abgewogen, ob ein nahe gelegenes Krankenhaus die Versorgung übernehmen kann oder ob der Patient lieber in eine spezieller ausgestattete Einrichtung verlegt werden muss. Das Wohl des Patienten steht dabei immer im Vordergrund, auch wenn dafür eventuell längere Wege zu einer besseren Klinik in Kauf genommen werden müssen.

 

 

 

 

Mark, der Betriebsleiter vom ACE, war bereit uns einen persönlichen Einblick in seinen Berufsalltag zu gewähren.

 

Mark ist 30 Jahre alt und hat als Traumatologe und Notfallmediziner bereits 12 Jahre Berufserfahrung.

 

Freundlicherweise beantwortete Mark uns all unsere Fragen ehrlich und authentisch.

 

 

BOA-Afrika e.V.: „Mark, was ist die größte Herausforderung in deinem Beruf?“

 

Mark: „Die größte Herausforderung ist die oft schlechte Nachbehandlung unserer Patienten. Wir geben unser Bestes in wirklich harten Situationen um die verletzte Person am Leben zu erhalten. Wenn wir dann nach Ankunft im Krankenhaus merken, dass unser Patient nicht die nötige Weiterbehandlung bekommt, die er bräuchte, weil das dortige Personal unzureichend ausgebildet ist oder es an den notwendigen Geräten und Versorgungsmöglichkeiten fehlt, dann haben wir immer das Gefühl, dass all unsere Bemühungen umsonst waren. Außerdem kommen wir ab und zu mit Gegenwehr von Krankenhauspersonal bezüglich der richtigen Weiterversorgung in Berührung. Das geschieht vor allem dann, wenn sie unzureichend ausgebildet sind. Am Ende zieht dabei immer unser gemeinsamer Patient den Kürzeren.“

 

Boa-Afrika e.V.: „Was ist das Beste an eurem Job?“

 

Mark: „Das beste an unserem Beruf ist die Herausforderung, vor der wir jeden Tag aufs Neue stehen. Unsere Arbeit erfordert sehr spezielle Mitarbeiter, die einerseits geduldig sind, aber auch unter massivem Druck arbeiten können. Jeder Tag ist anders. Unsere Arbeit ist eine lohnende Aufgabe, bei der man sich auf dieser Erde wirklich gebraucht fühlt. Wir retten jeden Tag Leben, aber ein neues Leben auf diese Erde zu begleiten ist ganz besonders schön. Eine Geburt ist zwar nicht die größte Herausforderung für uns, aber eine wunderbare.“

 

BOA-Afrika e.V.: „Wer entscheidet, ob ihr den Patienten mit dem Auto oder Flugzeug erreicht? Wie schnell seid ihr dann durchschnittlich vor Ort?“

 

Mark: „Der Arzt, der gerade im Dienst ist, entscheidet über das Transportmittel. Ein Rettungswagen ist in zwei Minuten nach Eingang des Notrufs abfahrbereit. Der Einsatz eines Flugzeuges erfordert dagegen viel mehr Logistik und Planung. Das kann unter Umständen bis zu 90 Minuten dauern.“

 

BOA-Afrika e.V.: „Wie werden eure angebotenen Trainingskurse für Reiseleiter und andere Interessierte angenommen?“

 

Mark: „Die Leute nehmen sehr gern an unseren Erste Hilfe-Kursen teil. Dabei versuchen wir den Unterricht aufregend und möglichst realitätsnah zu gestalten. Im Durchschnitt bieten wir pro Woche einen Kurs an.“

 

BOA-Afrika e.V.: „An welchen Notfalleinsatz kannst du dich noch immer erinnern, Mark? Warum erinnerst du dich gerade an diesen?“

 

Mark: „Ich leistete 2006 einem Mann Beistand, der unter einem Zug eingeklemmt war. Über eine beschädigte Wagentür konnte ich zu ihm gelangen. Von der Hüfte abwärts steckte er unter dem Waggon fest, konnte aber noch atmen und sprechen. Ich musste allerdings auch anderen verletzten Leuten helfen. Jedes Mal, wenn ich an dem Mann unter dem Zug vorbei kam, redete ich mit ihm und versuchte ihm Mut zu machen. Er hatte keine Schmerzen, aber wusste, dass er sterben würde. Später versuchte die Feuerwehr ihm zu helfen und ich blieb bei ihm um ihm gut zuzureden. Leider hatten die Feuerwehrleute aber nicht die nötige Ausrüstung um den Zug anzuheben und den Mann zu befreien.

Irgendwann mussten wir uns auf die anderen Patienten konzentrieren und sie ins Krankenhaus begleiten. Es fiel mir sehr schwer diesen Mann dort allein zurück zu lassen.

Später hörte ich dann, dass er in der selben Position, wie wir ihn vorgefunden hatten, verstorben war.

Diese Erinnerung trage ich nun schon 9 Jahre mit mir herum.“

 

BOA-Afrika e.V.: „Gab es merkwürdige Einsätze, bei denen du dabei warst?“

 

Mark: „Einmal wurden wir zu einem bewaffneten Raubüberfall gerufen. Als wir den Tatort erreichten, fanden wir erst einmal keine Überlebenden im Haus, nur eine Leiche. Nach einer ganzen Weile bemerkten wir doch noch einen lebenden Mann in einem verschlossenen Raum, zu dem wir zunächst keinen Zutritt hatten. Dieser erklärte uns, dass er der Hausbesitzer war. Der Tote wäre der Einbrecher und hätte ihn in dem Raum eingesperrt.

Während wir auf die Polizei warteten, schauten wir uns die Familienfotos an der Wand an und bemerkten, dass der Tote vor uns auf vielen der Bilder zu sehen war.

Später fanden wir heraus, dass eigentlich er Tote der Hausbesitzer war und der Mann hinter der verschlossenen Tür in Wirklichkeit der Einbrecher und Mörder.“

 

BOA-Afrika e.V.: „Mark, dürfen wir noch erfahren, was du dir für deine und die Zukunft deines Teams wünschst?“

 

Mark: „Gern. Ich hoffe auf eine sehr positive und erfolgreiche Zukunft für mich, meine Kollegen und für den ACE allgemein.

Jeden Tag kommen wir nach den oft lang andauernden und harten Einsätzen voller Leid und Schmerz zurück in unsere Zentrale. Dort geben wir uns gegenseitig Halt, machen uns Mut und motivieren uns immer wieder aufs Neue mit der Arbeit weiter zu machen, obwohl wir natürlich als Menschen oft das Leid der Patienten selbst mitfühlen. Auf der Arbeit sind wir alle wie eine große Familie. Dadurch fühlen wir uns stark und wollen nicht aufgeben. Unsere kleine Notrufzentrale wird eines Tages für unsere Mühen belohnt werden. Wir haben bereits so vielen Menschen aus den verschiedensten Schichten geholfen und werden dies weiter tun. Jeder von uns, der hier beim ACE arbeitet, wurde von Gott hierher geschickt um anderen Menschen zu helfen. Unser aller Ziel ist es stets Leben zu retten, die Verschlechterung des Zustandes unserer Patienten zu vermeiden und Schmerz und Leid zu lindern.

Das werden wir machen, so lang wir leben!

 

 

BOA-Afrika e.V.: „Wir danken dir ganz herzlich für das Interview, Mark!“

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Kommentare: 1
  • #1

    Blanen, Jan (Montag, 19 März 2018 10:55)

    Schöne Sache